Montag, 31. August 2009

Montag, der 31.08.2009, Gobi Tag 2

[Falk] Der Wind ist heute Morgen nicht viel besser, aber die Böen sind nicht mehr so stark. Wenn wir noch einen Tag „Pause“ machen müssen, haben wir irgendwann ein Problem mit unserem Wasservorrat. Es sind immerhin noch 140 km bis wieder irgendwas kommt. Damit wir uns alle Möglichkeiten offen halten, entscheiden wir uns zum Weiterfahren. Wir haben gestern Abend unseren Vorarbeiter wieder getroffen. Dieser erzählte uns, dass in 20 bis 25 km ein Stützpunkt kommt, an dem wir Essen und Trinken können. Zu diesem wollen wir uns auf jeden Fall durchschlagen. Ungefähr 20 km nach diesem Stützpunkt wird es dann auch mal wieder bergab gehen. Wir fahren los und der Wind ist immer noch ziemlich bescheiden. Nach zehn km kommt unser Vorarbeiter wieder vorbei und meint, dass er vor fährt und uns was zum Essen organisiert. Dieser Typ ist echt der Hammer. Wir schlagen uns wacker. Ich muss zwar Katja etwas bei Laune halten, aber mit sechs bis sieben km/h bergauf kommt man auch voran. Nach drei Stunden haben wir endlich die 20 km geschafft. Haben die Kilometerangaben von allen Leuten seit der Ukraine nicht mehr gestimmt, so war die vom Vorarbeiter auf den Meter genau. Wir erreichen das kleine Bauarbeiterdorf und werden erst einmal von den Leuten begutachtet. Ich merke, dass unser Vorarbeiter nicht da gewesen ist. Ich suche die Küche und mache eine Essbewegung zu den Arbeitern. Ich werde zur Küche gebracht. Ich bekomme zwei Buchteln gereicht. Ok, das ist zwar nicht viel, aber schon mal ein Anfang. Jetzt kommt auch unser Vorarbeiter vorbei und wir werden richtig gut mit Essen vorsorgt. Als wir wieder zum Rad gehen, liegt auf Katjas Sitz noch Flaschenwasser. Wir sind richtig glücklich. Der Tag gestern war zum vergessen, aber heute wieder diese Gastfreundschaft zu erleben ist echt der Hammer. Wir entscheiden, noch ein wenig weiter zu fahren. Vielleicht schaffen wir ja heute gegen den Wind zumindest 40 km. Das würde uns schon sehr weiter helfen. Die Bauarbeiter stehen Spalier und wir starten mit einem freundlichen XieXie (danke).
Der Wind ist nach unserer Pause etwas besser und die Steigung ist nicht mehr ganz so steil. Wir kommen mit neun bis zehn km/h voran. Nach weiteren zwei Stunden erreichen wir endlich unsere Abfahrt.
Nach insgesamt 65 km machen wir Schluss. Das wir heute soweit kommen, haben wir nicht für möglich gehalten. Morgen müssen wir noch einen Berg hoch, dann geht es bis Hami gerade mit einem leichten Gefälle. Und das Beste dabei ist, dass wir auf einer Autobahn fahren, die noch nicht freigegeben ist und so gut wie nicht befahren wird. Die Bauarbeiter winken immer freundlich und sind begeistert. So eine schöne Zeit auch wenn es mal wieder richtig hart ist.

Sonntag, 30. August 2009

Sonntag, der 30.08.2009, Gobi Tag 1

[Falk] Ok, wer oder was ist Gobi? Wir finden alleine vier Gebiete auf unserer Chinakarte, die mit diesem Begriff anfangen. Da leider einer unserer Flashspeicher kaputt gegangen ist, haben wir auch kein Wikipedia mehr zum Nachschlagen. Wir sind laut Karte in der Gashun Gobi. Diese Wüste hat es dem ersten Anschein nach in sich und wir wissen nicht sehr viel über sie. 180 km, so bestätigte uns auch der Vorarbeiter gestern, kommt jetzt wirklich nichts mehr. Außer, zum Glück für uns, ein paar Bauarbeiterstützpunkte. An denen gibt es zumindest Wasser und etwas zu essen. Wir starten heute wieder mit Müsli und Brot mit Marmelade. Käse und Wurst finden wir seit dem wir in China sind in keinem Laden mehr. Es geht ein leichter Wind von vorne. Dieser wird nach fünf km richtig fies. Wir steigen das erste Mal vom Rad und müssen nach 100 Höhenmetern Hochfahrerei mit Gegenwind das erste Mal Pause machen. Nach zehn km kommen Böen dazu. Es ist zu gefährlich zum Weiterfahren. In ungefähr drei km sehen wir aber eine Kurve, die den Gegenwind mit etwas Glück zum Rückenwind macht. Leider ist diese Kurve nicht weit genug. Jetzt haben wir direkten Seitenwind mit Böen. Uns haut es fasst um und wir können das Rad kaum noch halten. Zu allem Übel bekomme ich eine Migräne. Toller Tag, oder? Wir machen Schluss und verziehen uns unter eine Autobahnbrücke. Nach dem Zeltaufbau lege ich mich schlafen. Nach 20 Km sind wir so richtig bedient. Mal sehen, ob es morgen besser wird.

Samstag, 29. August 2009

Samstag, der 29.08.2009, irgendwo in China in einem Ort der nicht auf unserer Karte ist.

[Falk] Ich quäle mich heute richtig aus dem Bett, denn meine Muskeln sind total übersäuert. Gestern und vorgestern haben wir Federn gelassen. Jetzt sind wir gespannt, was uns die nächsten Tage erwartet. Angeblich soll ja nicht so viel kommen. Nachdem wir die kleine Pension verlassen haben, kaufen wir noch einmal Wasser ein. Es geht schon wieder nur bergauf. Nicht steil, aber doch merkbar. Zu unserem Glück hat der Wind etwas nachgelassen und wir müssen nicht ganz so sehr rein treten. Bei 500 Höhenmetern geht es nicht weiter hoch, wir fahren nur noch gerade. Jetzt kommt Shanshan, angeblich die letzte Stadt bevor es ernst wird. Es soll dann 206 km nichts mehr kommen. Wir wissen aber durch langes Nachfragen, dass zumindest eine Tankstelle und eine Mautstelle kommen sollen. Wir packen trotzdem genug Wasser ein, falls nichts mehr kommt. Nach weiteren 20 km durch eine Steinwüste erblicken wir ein kleines Dorf, in dem wir wieder einmal fürstlich speisen, sogar mit Nachtisch. So viele gute Weintrauben haben wir unser ganzes Leben noch nicht gegessen. An Stellen, wo es nicht nur Sand und Steine gibt, wird der Boden bewässert und es wachsen wunderbare Trauben. Wir brauchen nur irgendwo sitzen, schon bekommen wir Weintrauben verschiedenster Sorten kostenlos von den Bauern gereicht. Laut Auskunft des chinesischen, englisch sprechenden „Gobi-Guides“ aus Turpan sollte es dieses Dorf gar nicht geben. Mal schauen, was noch so im „Nichts“ kommt.
Wir begegnen einem Vorarbeiter, der gerade hier im „Nichts“ eine Autobahn baut. Er meint, dass wir die noch nicht fertiggestellte Autobahn nutzen sollen, da ist nicht so viel Verkehr und wir finden immer was zum schlafen. Netter Tipp, den wir auch gleich beherzigen. Es kommen zwar immer mal ein paar Baustellenautos vorbei, im Großen und Ganzen sind wir aber alleine. Wir finden einen schönen Platz zum Schlafen, der seit langem mal wieder von keiner Seite aus einsichtig ist. Es ist windstill und wir erleben unseren ersten Sonnenuntergang in Gobi.

Freitag, 28. August 2009

Freitag, der 28.08.2009, irgendwo am Fuße der Wüste Gobi

[Falk] Nach den 135 km von gestern fällt uns der Start heute Morgen ziemlich schwer. Ich habe Probleme, Katja wach zu bekommen. Die Sonne geht jetzt gegen sieben Uhr Ortszeit auf. Da ist aufstehen um sechs echt hart. Wir haben aber gestern gemerkt, dass wir wieder in unseren „Wüstenmodus“ zurück müssen. Hier ist es richtig heiß und wir können wahrscheinlich heute nur bis Mittag fahren und müssen dann eine lange Pause einlegen, bevor es weiter gehen kann. Wir starten gegen 8 Uhr vorm Hotel. Eine sehr gute Zeit, mit uns erwacht langsam die Stadt. Nach sechs Kilometern nur bergauf machen wir die erste Pause und füllen unsere Wassersäcke mit acht Liter Wasser auf. Von einem Guide der hier Touren organisiert haben wir erfahren, dass heute zumindest noch etwas Infrastruktur vorhanden ist. Dann soll angeblich 206 km gar nichts mehr kommen. Na ja, die ersten 30 km gehen schön bergab. Wir erreichen den tiefsten Punkt unserer Tour bei minus 47 Meter. Schöne Scheiße, denn wir müssen laut Karte heute wieder ganz schön hoch. Wir überlegen gerade, ob die Straße einen rechts Knick in die Berge macht oder nicht. Fünf Kilometer weiter haben wir die Gewissheit in den Beinen. Fünf bis zehn Prozent Steigung und dazu Wind von vorne. Besser kann es für angehende Masochisten nicht mehr werden. Nach 45 harten Kilometern kommt auf der linken Seite ein kleines Dorf. Es ist 13 Uhr und die Sonne brennt bei 42 °C wieder alles weg. Das kleine Dorf entpuppt sich als wahre Oase in dieser heißen Gegend. Das Telefon klingelt, Thomas ruft an. Endlich können wir ihm mitteilen, das unser Fahrrad wieder in neuem Glanz erstrahlt und wir wirklich alles repariert haben. Es tut richtig gut, sich mitteilen zu können und andere an unseren positiven Erfahrungen teilhaben zu lassen. Wir essen hier ein paar Happen und wollen eigentlich die Mittagshitze überdauern. Doch nach einer Stunde, in der wir keine Minute Ruhe haben weil so viele Menschen und vor allem Kinder alles von uns wissen wollen, habe ich keinen Bock mehr. Wir schwingen uns also wieder auf unser Rad und fahren den Berg weiter hoch. Die Sonne brennt aber so gewaltig, dass wir nach 15 Minuten den nächsten Schattenplatz ansteuern. Am Eingang in ein Feld, auf dem Weintrauben zu Rosinen trocknen. Auf diesem Feld stehen Häuser mit Luftdurchlässen, in denen die Reben zum Trocknen hängen. Hinter so einen Haus finden wir einen schönen, luftigen Platz zum Ausruhen. Ab und zu kommt ein Bauer vorbei und drückt uns eine Rebe voll leckerer Trauben in die Hand. Insgesamt bekommen wir vier verschiedene Sorten gereicht. Ein bisschen wie im Paradies. Gegen 17:30 Uhr wird es etwas kühler und wir fahren weiter. Der Wind hat nicht gedreht und bläst jetzt etwas stärker. Katja meint dann „Was ist denn das für eine Wolke da vorne?“. Nach zwei Minuten fahren wir in unseren ersten Sandsturm in China ein. Mit 6-7 km/h, starken Böen und viel Verkehr kommen wir nur sehr schlecht voran. Wir sehen ein Dorf am Horizont, dass wir noch erreichen wollen. 76 km insgesamt waren es heute und wir sind richtig fertig.

Freitag, der 28.August 2009

Hier wieder ein kurzer Kommentar zur Lage.
Katja und Falk haben ihre Pause in Urumqui beendet. Sie sind bei bester Laune und Gesundheit bereits am Rand der Wüste Gobi unterwegs. Tagsüber zwingen 50 Grad C im Schatten zur Pause. Manchmal treffen Sie auf Oasen, in denen dann auch Trauben wachsen.

In Urumqui wohnten sie im bestbewachten Hotel der Welt. Im Hof hatte eine Kompanie Soldaten ihr Lager aufgeschlagen. Auch sonst war die durchaus schöne und interessante Stadt von vielen Soldaten mit aufgesetzten Bajonetten geprägt. Für China, das heißt eigentlich für den "Rest" der Welt, eine Sensation, daß ein von Unruhen betroffenes Gebiet so frei zugänglich ist. Lediglich die Nachrichtenkanäle Internet und Telefon nach "draussen" sind gesperrt.

In der Zeit des Wartens auf das Paket mit Ersatzteilen haben beide viele nette Leute kennengelernt. In einem Fahrradladen, der Giant-Modelle vertreibt, hatte Falk bereits den Plan B für den Fall, daß die Teile nicht eintreffen, eingeleitet.

Das Paket traf dann endlich am 26.08.09 ein und schon ging es auch gleich wieder los.
Mit einem super repariertem Fahrrad und Ersatzteilen für mögliche weitere Pannen macht das Fahren richtig Freude.

In ca. 5 Tagen wird die Wüste durchquert sein und in etwa 14 Tagen ist dann endlich wieder mit Internet und aktuelle Informationen zu rechnen.

Bis dahin bleibt es dünn, denn dorthin telefonieren ist auch nicht einfach.

TOMSON

Donnerstag, 27. August 2009

Donnerstag, der 27.08.2009, Turpan

[Falk] Haben wir schlecht geschlafen! Unser Schlafplatz war zwischen Autobahn, Bahnschienen und alter Seidenstraße. Andauernd kamen Züge und hupende Lkw vorbei. Ich habe insgesamt vielleicht vier Stunden geschlafen, bei Katja sieht es auch nicht besser aus. Wir packen alles zusammen und machen uns ans Frühstück. In dem Moment kommt ein Bauer vorbei und stellt die Bewässerungsanlage an. Er entdeckt uns und versucht uns irgendwas zu erklären. Ich zeige ihm, dass wir die Nacht hier geschlafen haben. Er winkt ab und fährt weiter. Zum Glück spritzt das Wasser nicht wild umher, so können wir in Ruhe frühstücken und fahren gegen 9 Uhr los. Die ersten 30 km gehen mit einer leichten Steigung ziemlich schwer. Wir essen bei einem Uiguren zu Mittag und sind wieder positiv vom Essen auf dem Lande überrascht. Wir fühlen uns heute gar nicht gut und hoffen, dass langsam die Abfahrt kommt, die man uns versprochen hatte. Mittlerweile sind wir auf 1250 Metern und Turpan liegt auf ungefähr -20.
Irgendwann muss es ja mal runter gehen.

















Dann kommt eine Kreuzung, bei der eine Richtung auf die alte Seidenstraße führt, die andere auf die Autobahn. Wir beraten darüber, was wir machen wollen und fahren schließlich auf die alte Seidenstraße. Wir haben momentan keinen Bock auf Probleme mit der Polizei. Diese Straße zu fahren erweist sich aber schon nach wenigen hundert Metern als Fehler. Die alte Seidenstraße ist noch schlimmer als gestern und wir ärgern uns richtig, als wir die ersten Stücke wieder hoch fahren müssen. Die Autobahn hingegen hat eine konstante Richtung, nach unten. Nach 50 Kilometern, größtenteils natürlich runter, werden wir auf die Autobahn zwangsgeleitet. Den alten Handelsweg gibt es hier nicht mehr. Toll, warum nicht gleich so!? Wir merken, dass der Wind wärmer und wärmer wird. Er kommt jetzt nicht mehr von hinten, sondern von vorne. An einer Tankstelle geht das nächste Teil auf unserer Reise kaputt, an Katjas Sohle ihrer Radsandalen löst sich die Klickpedalenplatte aus ihrer Verankerung. Eine Reparatur ist nicht mehr möglich, das Ding ist komplett ausgerissen. Katja muss leider durch Gobi in ihren geschlossenen Schuhen fahren. Jetzt sausen wir den Berg immer weiter nach unten. Mit ein, zwei Prozent nicht viel Gefälle, aber mit einer Brise Druck auf die Pedale rollt es sich klasse. Die Temperatur steigt gewaltig an. Heute Morgen mussten wir unsere Fliese raus holen. Nun schaue ich auf das Thermometer und wir erreichen die 42 Grad Marke. Nach 111 Kilometern entscheiden wir uns, die letzten 30 nach Turpan heute noch zu fahren. Nach kurzer Sucherei in Turpan erreichen wir ein kleines Hotel, in dem wir absteigen. Morgen geht es dann für ein paar Tage an den Strand, nur eben ohne Meer! Die Wassersäcke werden wir definitiv heute noch befüllen, denn viele Orte werden nicht auf unserem Weg liegen. Gobi, wir kommen!

Mittwoch, 26. August 2009

Mittwoch, der 26.08.2009, fünf Kilometer hinter Ciawopu

[Falk] Heute Morgen wachen wir mit der Gewissheit auf, dass wir nach sieben Tagen des Hoffens und Bangens endlich weiter fahren können. Das Bike steht vor unserer Zimmertür und schaut aus wie neu. Es ist ein wenig wie Weihnachten. Ich muss gleich noch einmal raus und es anschauen, um zu sehen, dass es wirklich fertig ist. Kaum zu glauben, dass die drei Jungs und ich im Radladen in nur zwei Tagen wirklich alles richten konnten.
Wir entscheiden, dass wir erst gegen Mittag losfahren. Wir gehen frühstücken und packen unserer Sachen in unsere Taschen. Auch diese haben eine Kur hinter sich und sehen wieder richtig gut aus. Als nächstes ist das Bike dran. Das muss wieder aus dem sechsten Stock in den ersten getragen werden - was für eine Plackerei. Ich gehe und hole einen Gepäckwagen von unten. Wir hauen alles drauf und fahren das zweite mal mit dem Fahrstuhl.
Wir sind nach 30 Minuten startbereit und in dem Moment kommt Konrad vorbei. Er bedankt sich noch einmal ganz herzlich für die Reifen und die Karte. Er hat ein sehr gutes Englisch-Chinesisch und vor allem Chinesisch-Englisch Wörterbuch für uns als Geschenk dabei. Wir quatschen noch ein bissel und verabschieden uns. Dann gehen wir, wie am Vortag versprochen, mit Nunu Mittagessen. Von ihr fällt der Abschied besonders schwer. Hat sie uns doch so sehr beim Übersetzen geholfen. Außerdem ist sie uns nach den Tagen hier ans Herz gewachsen.
Wir fahren noch ein mal beim Giant-Laden vorbei und bitten die Jungs, unsere übrigen Sachen und die bestellte 20 Zoll Felge nach Hami zu einem weiteren Giant-Shop zu senden. Die Jungs staunen nicht schlecht, als sie uns schon wieder sehen. Diesmal aber wegen unseres Gepäcks. Ich kann richtig den Stolz bei ihnen sehen, als sie den Leuten auf der Straße erklären woher wir kommen und was wir machen. Nicht zu vergessen, was sie für uns an dem Fahrrad gerichtet haben. Nach einer weiteren halben Stunde begleiten uns zwei von den Fahrradverrückten noch bis zur Autobahn. Wieder ein Abschied und wieder ein schwerer.
Jetzt ist er Moment endlich da - wir sind nach sieben Tagen wieder Richtung Peking unterwegs. Glücklich und voller Euphorie können wir in die nächste schwere Etappe starten. Drei Tage bis zur Wüste Gobi, die eine weitere Prüfung für uns wird.
Die ersten Meter gehen echt gut. Wir fahren 30 km nur bergauf und werden wieder einmal unsanft von Polizisten von der Autobahn entfernt. Zum Glück müssen wir keine Strafe zahlen. Dann fahren wir also auf der alten Seidenstraße weiter. Leider ist diese in einem sehr schlechten Zustand. Unsere neuen Felgen werden richtig rangenommen. Nach 60 km wollen wir eigentlich Schluss machen. Da kommt plötzlich ein Ort, der nicht auf unserer Karte ist. Nach diesem ist der Wald zu Ende und wir finden keine weitere Möglichkeit, sichtgeschützt zu schlafen. Wir fahren also weiter und nach 75 km entdecken wir endlich eine kleine Ansammlung von Büschen. So weit wollten wir eigentlich heute gar nicht fahren.

Dienstag, 25. August 2009

20. bis 26.08.2009, Pausentage in Ueruemqi

[Falk] Donnerstag, der 20.08.2009
Wir sind die ersten Europäer seit dem 05.07.2009, die hier in diesem Hotel abgestiegen sind. Das 5/7 wird bei den englisch sprechenden Chinesen genauso ausgesprochen, wie 9/11 bei uns. Man merkt überall in der Stadt, dass eine gewisse Anspannung in der Luft liegt. Wenn wir durch die Straßen schlendern, sehen wir überall Militär und Polizei an den Ecken stehen. Gestern entdeckten wir, dass auch auf den öffentlichen Gebäuden Militärs stehen. Wir finden dies zum einen beruhigend, da es echt schwachsinnig wäre jetzt einen Aufstand zu machen, aber auch irgendwie erdrückend und beängstigend. Ein Satz hat sich ganz besonders bei uns eingeprägt: „Bei den Uiguren kauft man nicht ein“. Dieser Satz ist symbolisch für die hiesige Situation. Ich möchte hier an dieser Stelle nicht weiter kommentieren. Ueruemqi ist unserer Meinung nach momentan eine sehr sichere Stadt. Wir haben erfahren, dass alleine in unserem Hotel 50 Polizisten leben. Diese haben bis Oktober reserviert. Heute machen wir nicht viel. Wir erholen uns nur von den letzten Tagen auf dem Rad. Wir sind nur etwas beunruhigt, ob unser Paket, wie berechnet, am Freitag in Ueruemqi ankommt und ob wir alles wieder instand setzen können. So eine Tour ist eine ganz schöne Prüfung für Mensch und Material. Und solch eine Reparatur wollten wir eigentlich vermeiden. Aber so richtig übelnehmen kann man das nach den Straßen in Kasachstan keiner Felge - und schon gar nicht bei dem Gewicht. Mal schauen, wie es unterm Felgenband aussieht.



[Falk] Freitag, der 21.08.2009
Einen Radladen, der auch ein einigermaßen gutes Shimano Sortiment hat, haben wir gestern in der Innenstadt gefunden. Nach einer langen Unterhaltung können wir wahrscheinlich hier unsere Laufräder neu einspeichen lassen. Ich werde denen beim Einspeichen nicht von der Seite weichen. Ich habe keine Lust, dass wir nach dieser Aktion aller 100 km Speichen wechseln müssen, weil das Rad schlecht aufgebaut ist. Ich würde es ja auch selber machen, habe aber leider nur theoretisches Wissen. Die Praxis fehlt mir da komplett.
Ich mache mir ein wenig Sorgen. Falls unser Paket nicht ankommen sollte, haben wir ein echtes Problem. Wir finden hier zwar gute 26" Felgen und die wahrscheinlich auch mit 32 Löchern, aber eine gute 20'' Felge zu finden ist wahrscheinlich nur schwer möglich. Alles andere, was wir bestellt haben, ist schon improvisiert oder mit hiesigen Mitteln irgendwie reparabel. Von Frank, den wir in der Ukraine getroffen haben, haben wir erfahren, dass es manchmal auch zehn Tage länger als gedacht dauern kann, bis ein Paket an seinem Bestimmungsort in China ankommt. Wir werden diese Zeit wahrscheinlich nicht aussitzen können und überlegen uns einen Plan B.
Wir möchten heute mal kein chinesisches Essen. Wir entscheiden uns, in das hotelnahe Curryhouse zu gehen. Als wir die Bestellung aufgeben wollen, werden wir mit einem gutem Englisch überrascht. Nunu, eine 25jährige Chinesin die fünf Jahre in Seattle gelebt hat, hilft uns bei der Bestellung. Später erfahren wir, dass sie die Chefin ist und das Restaurant zwei Tage vor 5/7 eröffnet hat. Sie lacht und meint, dass es kein guter Zeitpunkt war.



Sie fragt uns, ob wir irgendwelche Hilfe benötigen. Ich erkläre ihr unsere Lage. Sie bietet an, falls wir einen Übersetzer benötigen, uns zu begleiten.
Nachtrag, 22:00 Uhr [Falk]
Das Paket ist nicht angekommen. Wir entscheiden uns, bis zum 24. August zu warten. Wenn es bis dahin nicht da ist, werden wir in Ueruemqi auf Felgensuche gehen.



[Falk] Samstag, der 22.08.2009
Heute wird wieder so ein Tag zwischen Hoffen und Bangen. Leider haben wir momentan keinen Kontakt nach Deutschland. Wir wissen also keinen aktuellen Stand. Wir wissen auch nicht, wie lange wir warten müssen, damit man eventuell über die Paketversicherung das Geld für die versäumte Zustellung zurück bekommt. Ohne Internet ist so ein Sachverhalt auch schwer nachzuvollziehen. Es ist deprimierend. Wir geben heute der Rezeption unsere Mobilnummer. Wir haben keine Lust mehr, uns immer in der Nähe des Hotels aufzuhalten. Gegen Nachmittag ruft Thomas an. Endlich! Katja und er reden ein wenig über unsere Belange und Erlebnisse. Wir erfahren, dass das Paket erst am 20. August in China angekommen ist. Wir sind frustriert.
Nachtrag, 22 Uhr. Das Paket ist nicht angekommen.





[Falk] Sonntag, der 23.08.2009
Wir wollen heute ein wenig mehr die Stadt erkunden. Den Tag starten wir erst gegen 12 Uhr mit einer Wanderung zum Roten Berg, der mitten in der Stadt liegt. Wir benötigen auf Grund der bescheidenen Wegführung knapp zwei Stunden bis dahin. Wir sind sehr überrascht. Denn der Park und der Berg sind sehr große Anziehungspunkte in der Stadt und voll mit Touristen. Der Hotelmanager erzählte mir, dass eine Million weniger Menschen in diesem Jahr Ueruemqi besuchen werden. Viele haben aus Angst vor neuen Anschlägen Flug und Hotel gecancelt. Trotzdem ist dieser Park unserer Meinung nach ziemlich voll. Überall kann man mit MG-Attrappen auf Luftballons schießen. Mann muss ja in Übung bleiben ;).



Wir besteigen den Berg und merken, dass unsere Muskeln nur noch Radfahren gewöhnt sind. Wir sind ziemlich platt als wir oben sind. Wir haben von hier eine herrliche Sicht auf die Stadt. Wir fahren noch eine Runde mit dem Riesenrad und steigen ab. Wieder kein Paket angekommen und Morgen werden wir auf eigene Faust versuchen, ordentliches Material zu bekommen. Ich habe einen guten Eindruck von den Leuten und von ihren Fähigkeiten. Wir werden also die Reparatur schon irgendwie hinbekommen. Ich rufe noch Nunu an und verabrede mich mit ihr am nächsten Morgen, um mit ihr zusammen zum Giant-Laden zu fahren. Katja wird in der Nähe des Hotels bleiben, falls das Paket doch noch ankommt.

[Falk] Montag, der 24.08.2009
Leider kommt das Paket auch bis 10 Uhr nicht im Hotel an. Da wir nicht länger warten können, entscheiden wir uns auf die Suche nach Felgen zu gehen. Ich peile zusammen mit Nunu den Giant-Laden an. Wir fahren natürlich mit dem Liegetandem. Nunu ist cool drauf und freut sich riesig. Als wir ankommen muss ich den Jungs erst mal alles erklären. Das warum, wieso und weshalb. Ich merke, wie bei der Übersetzung die Augen von ihnen immer größer werden. Das erste Problem ist, dass sie keine geeignete Hinterradfelge haben. Aber die haben richtig gute Kontakte. Nach einer halben Stunde steht ein Typ mit einem 10.000 EUR Dirtbike da und meint, er könne uns die stärkste Felge Xingjiangs besorgen. Ich stimme zu und muss beim Preis etwas schmunzeln. In Deutschland hätte diese Felge wahrscheinlich 120 EUR gekostet. Hier werde ich sie für 40 EUR bekommen. Er fährt los und nach zwei Stunden steht er mit einer MAVIC E 729DISC Felge in der Tür. Diese ist fast so groß wie unsere alte. Der Mechaniker, der einspeicht, meint aber, dass er unsere mitgebrachten Speichen nicht verwenden kann. Ich bin nicht sehr erfreut darüber, aber bis Peking wird es schon irgendwie gehen. Blöd ist eben nur, dass wir nicht wissen, wann das Paket kommt. Er fängt an die Rohloff auszuspeichen. Ich kann gar nicht hin schauen und nach 20 Minuten ist sie blank.



Dann setzt er seine Speichen ein. Nach ein paar Minuten merkt er, dass die doch zu lang sind. Er speicht alles wieder aus und versucht meine aus Deutschland mitgebrachten Speichen. Diese Speichen sind Sapin DD 2, 1.8, 2 mm, etwas, was man im hiesigem Ausland fast nie bekommt. Da muss man schon sehr viel Glück haben. Leider sind unsere Speiche einen Millimeter zu kurz. Meiner Meinung und des „Einspeichers“ Meinung nach sollte dies kein Problem sein. Als er fertig ist fällt mir ein Stein vom Herzen.



Ein anderer Mechaniker ist immer noch am telefonieren. Es fehlt ja noch das Vorderrad. Er meint, dass er uns eine „ALEX“ Felge in 20 Zoll für das Vorderrad in zwei Tagen aus Shanghai besorgen kann. Ich bin ziemlich erleichtert. Wir müssen zwar noch einen Tag verlängern, aber wir bekommen zumindest unsere Laufräder wieder richtig repariert. Am Abend kommt dann noch die Chefin des Giant-Ladens vorbei. Die hat ein Jahr in Dresden studiert (wie geil). Wir können sogar ein wenig deutsch miteinander sprechen. Sie sagt zu mir, dass ihre Angestellten voll für uns zur Verfügung stehen und ich nur das Material bezahlen muss. Cool, danke!


















[Falk] Dienstag, der 25.08.2009
Das Telefon im Zimmer klingelt, es ist aber keiner in der Leitung. Ich unterbreche das Frühstück und gehe an die Rezeption. Die Damen da schauen mich erst an und zeigen dann mit Freude auf ein riesiges Paket aus Deutschland. Es ist angekommen und wir können jetzt alles richten. Wir sammeln uns schnell und entscheiden, heute am Rad alles fertig zu basteln, um Morgen weiter fahren zu können. Wir suchen alles was wir für die Reparatur benötigen zusammen und fahren Richtung Giant-Laden. Die Jungs da sind überrascht, sind wir doch erst für Morgen verabredet. Ich zeige ihnen alles was wir aus Deutschland zugesandt bekommen haben. Wir fangen an, das Fahrrad zu richten. Zuerst wird das Vorderrad ausgespeicht. Jetzt sehen wir das ganze Übel.

Meine Fresse! Die Felge ist einmal komplett in der Mitte gerissen. Ich weis ehrlich gesagt gar nicht wie wir es bis hierher geschafft haben, dass ist einfach nur Glück gewesen.


Desweiteren wechseln wir noch Katjas Sitz, die Air Sound, den vorderen Gepäckträger und die Kettensschläuche. Die Jungs im Giant-Laden sind richtig glücklich, dass Sie ihr Werk von gestern heute vollenden können und wir sind richtig glücklich, dass unser Fahrrad bis auf ein paar Kratzer wieder wie am ersten Tag strahlt. Was meint Ihr? Blau steht unserem „Georg“ doch gut, oder?
Im Giant-Laden lernen wir Konrad und Daniel kennen, Konrad kommt aus Australien und Daniel aus England. Konrad hat ein Problem mit seinem Hinterrad und war deshalb auch im Giant-Laden unterwegs. Er lächelte etwas über meinen deutschen Akzent und erzählt, dass er für ein Jahr in Deutschland war. Ich vermache den beiden unsere zwei übrigen Marathon XR Mäntel. Wir können mit denen leider nichts anfangen. Manch anderer hätte sich ein Bein dafür ausgerissen, um mit solch guten Reifen zu fahren. Die beiden starten in den nächsten Tagen mit ihren Rädern nach Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan. Da sie in China leider kein geeignetes Kartenmaterial kaufen können und das Internet hier nicht funktioniert, überlassen wir ihnen unsere Zentralasienkarte und geben einige wichtige Infos und Tipps für ihre Reise. Die beiden bedanken sich tausend Mal bei uns und wir haben wieder einmal einen netten Abend mit neuen Freunden.


Mittwoch, 19. August 2009

Mittwoch, der 19.08.2009, Ueruemqi



[Katja] Wir können ausschlafen und uns richtig erholen. Gegen 9 Uhr wacht Falk auf und macht sich ans Tagebuch schreiben. Nach einer weiteren Stunde kommt Li Quan vorbei und wir reden ein wenig über unsere Probleme. Er ist auch sehr Rad begeistert und scheint ein paar gute Kontakte zu einem Radladen zu haben. Einer seiner Freunde ist Zweiradmechaniker. Ich habe gleich die Telefonnummer in unser Handy gespeichert. Ich bitte Li Quan in unserem Hotel anzurufen, um unsere Reservierung zu bestätigen. Er übernimmt diese Aufgabe gerne für uns. Nach einer etwas lauteren Auseinandersetzung erklärt er uns, dass keine Reservierung angekommen ist. Das ist wahrscheinlich der fehlenden Internetfähigkeit in dieser Region geschuldet. Li Quan ruft eine Freundin an, die in einem anderen Hotel in Ueruemchi arbeitet, etwas besser englisch spricht als er und gute Kontakte hat. Ihr erklärt Falk dann, dass wir in kein anderes Hotel können als in das Super 8 Hotel, da unser Paket hier ankommt. Nach einiger Diskussion mit der Rezeption im Super 8 Hotel steht unsere Reservierung - zum Glück. So nach und nach kommen dann alle Freunde und Bekannte, die gestern mit beim Essen waren zu Li Quan in die Wohnung. Sie wollen uns alle beim Losfahren sehen. Wir dürfen aber nicht gleich weg, sondern müssen unbedingt noch mit zu seiner Mutter zum Mittagessen. Am liebsten wäre es ihm gewesen, wir wären noch ein paar Tage länger geblieben. Dann geht es aber endlich los und Li Quan begleitet uns die ersten sieben Kilometer zur Autobahn. Bis dahin geht es ganz schön hoch. 100 Höhenmeter, höre ich Falk fluchen. War wohl doch ein Bier zu viel gestern Abend. Dann verabschieden wir uns richtig herzlich von Li Quan und fahren die 30 km bis zum Stadtrand von Ueruemqi im dichten Verkehr. Dies ist aber kein Problem, da wir ja den ganzen Seitenstreifen für uns alleine haben. Wir fahren am Flughafen vorbei und sehen ein paar Flugzeuge starten. Jetzt kommen wir an die Stadtgrenze. Wir sehen die wunderschöne Silhouette einer modernen Großstadt. Nach weiteren zehn km in der Stadt sind wir schwer beeindruckt. Wir wissen gar nicht, wo wir zuerst hin schauen sollen. Aufgrund der Beschreibung von Li Quan und seinen Freunden verfahren wir uns nicht einmal und erreichen zielsicher unser Hotel. Die Rezeption weiß nichts mehr von unserer telefonischen Reservierung. Falk holt das Handy und ruft Li Quans Freundin an. Sie unterhält sich mit der Rezeption. Dann ist alles klar. Ohne Kontakte wären wir bei denen, die kein Englisch können, völlig aufgeschmissen. Dann kommt der Hotelmanager vorbei. Der kann sehr gut Englisch und ist ziemlich cool drauf. Er hat auch kein Problem damit, dass wir unser Bike mit aufs Zimmer nehmen möchten. Er gibt uns seine Nummer, falls wir Hilfe benötigen. Das Zimmer ist klasse und die Aussicht aus dem sechsten Stock super.

Mittwoch, der 19. August 2009

Heute möchte ich wieder einen kurzen Kommentar zur Lage geben.
Ein ganz netter Radfreak - Hans Ngo (waschechter Chinese, trotz des Vornamens) hat über Falk mit mir per Mail Verbindung aufgenommen und mir eine aktuelle Handynummer übermittelt. Ich habe gestern mit Falk und Katja telefoniert. Es geht beiden richtig gut.
Das Tandem tut was es muss - es fährt.
Seit der Einreise in China nur auf besten Straßen unterwegs, gute Unterkünfte und gutes Essen - alles sehr preiswert. Heute müssten sie in Urumqui eingetroffen sein. Leider funktionieren das www. in der Provinz Xinjiang sowie Anrufe in die weite Welt nicht. Das hängt mit den dortigen Unruhen zusammen. Daher müssen wir noch etwas auf die authentischen Berichte warten.
Tomtom

Dienstag, 18. August 2009

Dienstag, der 18.08.2009, Changji

[Falk] Wir haben Kontakt! Unsere Telefonnummer ist über unseren chinesischen Kontakt „Hans“ nach Deutschland zu Katjas Vater Thomas gelangt. Thomas hat es gestern zum ersten Mal geschafft, eine Verbindung zu uns zu bekommen. Wir wissen jetzt, dass wir Onkel und Tante sind. Herzlichen Glückwunsch zum Nachwuchs aus China!
Wir haben durch die vielen Fahrtage seit Almaty beide etwas Knieschmerzen. Es wird also langsam Zeit, dass wir wieder einmal ein paar Tage haben, um uns zu erholen. Wir sind die letzten 1000 km ganz schön geheizt.
Vor zwei Tagen haben wir beim Mittagessen in der Nähe von Kuytun an einer Raststation Li Quan kennengelernt. Er hat uns ein paar Sachen aus der Tankstelle geschenkt, die wir wahrscheinlich nie gekauft hätten. Und er gab uns seine Telefonnummer. Falls wir durch Changji fahren, sollen wir ihn anrufen. Wir könnten auch bei ihm schlafen. Eigentlich hatten wir gar nicht vor, durch diese Stadt zu fahren. Wir wollten nach 80 km Schluss machen und uns einen schönen Platz neben der Autobahn suchen. Doch heute haben wir keine Ausfahrt auf der Autobahn gefunden und der Leitplanken-Zaun-Mix war wieder zu perfekt für uns. So mussten wir 107 km fahren, bis wir an der nächsten Ausfahrt waren und dies war zufällig die Stadt, in der Li Quan lebt. Da wir aber niemanden zur Last fallen wollen, versuchten wir erst einmal ein Hotel zu finden. Dies gestaltete sich aber gar nicht so einfach. Nach der fünften Absage riefen wir dann Li Quan an. Nachdem wir unser Telefon einen Passanten gegeben haben, damit er erklären konnte wo wir gerade sind, haben wir Li ganz schnell gefunden. Er war gerade einmal 200 Meter von uns entfernt und hoch erfreut, uns zu sehen. Jetzt ging alles ganz schnell. Wir gingen zu ihm nach Hause und konnten unser Bike sicher abstellen.



Dann rief er seine halbe Familie und seine Freunde an. Wir stiegen in sein Auto und fuhren zum ersten Restaurant. Die hatten aber leider keinen Platz mehr. In den nächsten drei Restaurants das gleiche. Dann kam sein Bruder und wir fuhren aufs Land in ein Bauernlokal. Es war nun mittlerweile 22 Uhr. Wir bestellten und nach und nach kamen seine Freunde mit zu uns an den Tisch. Wir waren ein wenig Lost in Translation, aber es war ein wunderschöner, unvergesslicher Abend. Li Quan, vielen Dank!
Felgenstatus: unverändert zum Vortag.

Montag, 17. August 2009

Montag, der 17.08.2009, Manas

[Falk] Wir schlafen heute in einem Vier-Sterne-Hotel. Dies ist der gesperrten Autobahn geschuldet. Nach etwa 62 km mussten wir von der runter. Uns wurde nicht mitgeteilt, was das Problem ist, es mussten halt alle runter. Wir haben uns mehrere Erklärungen ausgedacht, aber letztendlich werden es Vermutungen bleiben. Wir mussten vier Kilometer zurück zur letzten Ausfahrt. Diese Ausfahrt führt zur alten Seidenstraße nach Manas hinein. Hier erblicken wir ein Hotel. Von außen sieht es so gut aus, dass wir uns fast nicht getrauen zu fragen, was das kostet. Ich bin mutig und stelle mich. 18 EUR inklusive Frühstück für ein Doppelzimmer. Ich bin baff. Wir fragen noch, wo wir das Bike abstellen können - nach einigen Minuten und Erklärungen haben wir einen Platz gefunden. Jetzt haben wir ein tolles Essen für 15 EUR und eine Ganzkörpermassage für sechs EUR pro Person hinter uns. Wir haben es uns heute so richtig gut gehen lassen. Mehr kann man fast nicht mehr schreiben. China ist toll.



Wir sind nicht mal mehr 130 km von Ueruemqi entfernt. Mal schauen, was uns da erwartet. Da zahlen wir fast 10 EUR mehr pro Nacht. Wie soll man dieses Hotel hier in Manas noch toppen?
Felgenstatus: unverändert zum Vortag.

Sonntag, 16. August 2009

Sonntag, der 16.08.2009, wahrscheinlich Shawan



[Falk] Es gibt gute Nachrichten. Wir haben von Mark, dem Engländer und Radler, den wir am Sayram Hu See getroffen haben, einen chinesischen Kontakt bekommen. Falls wir irgend welche Kommunikationsprobleme haben sollten, können wir ihn anrufen. Wir haben zuerst einen deutschen Kontakt probiert, den wir aus der Ukraine von Frank haben (einer der Monteure aus der Fabrik). Doch leider blieb dieser ohne Erfolg - vielleicht ist er im Urlaub. Egal, ich habe heute Hans (das ist angeblich sein „englischer“ Name ;) ) angerufen. Er spricht ein fantastisches Englisch und sitzt außerhalb Xingjiangs, aber noch in China. Deshalb können wir mit ihm sprechen. Ich erkläre ihm unser Problem. Er begreift schnell und schreibt Thomas (Katjas Papa) eine E-Mail mit unserer Nummer. Leider scheint es doch nicht möglich zu sein, aus Deutschland nach Xingjiang zu telefonieren. Aber auch nicht ganz schlimm, denn Thomas hat auf die E-Mail geantwortet und Hans die Adresse vom Hotel überliefert. Hans hat daraufhin uns angerufen und mir die Adresse buchstabiert. Ich glaube Rauchzeichen wären einfacher gewesen. Kommunikation im 21. Jahrhundert in China...
Heute starten wir erst gegen 10 Uhr. Wir haben einfach zu gut geschlafen. Nach 40 km fahren wir an einem riesengroßen Industriegebiet vorbei. Danach kommt eine kleine Stadt in der wir essen gehen. Ich schnappe mir unseren Kauderwelsch Sprachführer und zeige der schwangeren Bedienung die aufgeführten Gerichte. Eine chinesische Spezialität haben sie, es ist leider nicht Hund. Den hätte Katja vielleicht auch mit verspeist. Es gibt heute eine Variation mit Nüssen, Huhn, Gurken und dazu Reis. Für mich das bisher beste Essen unserer Reise. 100 km sind wir dann insgesamt gefahren und schlafen jetzt neben der Autobahn, aber zum Glück schön sichtgeschützt vor den Autos.
Felgenstatus: Ein Riss an der Hinterradfelge ist größer geworden.

Samstag, 15. August 2009

Samstag, der 15.08.2009, 20 Kilometer nach Gaoquan

[Falk] Wir haben keine Ahnung wo wir genau sind. Unsere Karten geben uns auch nur eine ungefähre Auskunft über unseren Standpunkt, und die Städtenamen können wir nicht lesen. Wir sind ziemlich lost, aber in die richtig Richtung unterwegs. Es gibt hier quasi keine andere Straße als diese Autobahn. Es macht mir momentan richtig Spaß zu fahren. Ich habe keine Knieschmerzen mehr und wir kommen liegend richtig gut voran. Ein so gutes Gefühl hatte ich lange nicht mehr. Wir sind glücklich, in China zu sein. Es passt einfach alles. Wir haben keinen Stress mehr was Grenzübertritte betrifft und die Versorgungslage ist super. Dazu kommt noch, dass wir jeden Tag aufs neue mit zu meist positiven Eindrücken bombardiert werden. China ist klasse!
Heute Morgen starten wir sehr früh aus unserem nicht besonders geschützten Schlafplatz. Es hat einfach keine bessere Möglichkeit gegeben. Wir erreichen nach 20 km die erste Tankstelle und kaufen Wasser.



Das, was wir hier kaufen können, reicht nicht für ein ordentliches Frühstück. Wir haben einfach noch nicht die Läden gefunden, die unseren Vorstellungen entsprechen. Früh am Morgen schon warm zu essen, wie es in diesem Land üblich ist, steht für uns nicht zur Debatte. Danach sollen eigentlich zwei Orte kommen, doch entweder haben die nie existiert oder sind in den letzten Jahren verschwunden. So müssen wir bis km 66 ohne vernünftiges Essen auskommen.
Wir erreichen nun den Ort Gaoquan. Hier haben wir die Möglichkeit in einem kleinen Restaurant zu essen. Wieder ein Fest für die Geschmackssinne. Wir fragen an der Tankstelle, ob wir hier irgendwo duschen können. Es ist zwar nicht ganz einfach, aber nach zehn Minuten haben wir seit langem mal wieder die Möglichkeit uns richtig zu waschen. Das ist eine Wohltat. Wir waschen noch unsere schmutzigen Sachen und nach drei Stunden Waschpause brechen wir wieder auf. Nach weiteren 20 km erreichen wir unser erstes Hotel, dass zu einem riesigen Tankstellenkomplex gehört, in dem wir ohne Probleme zu haben absteigen können. Es ist zwar sehr einfach, aber für 1,50 EUR lässt sich's ganz gut schlafen. Wer aber nicht gerne auf Holz-“Matratzen“ schläft, sollte seine Isomatte mitbringen. Wir genießen ein gutes Essen und gehen sehr müde ins Bett.
Felgenstatus: Es haben sich zwei neue Risse an der Vorderradfelge gebildet.

Freitag, 14. August 2009

Freitag, der 14.08.2009, 30 Kilometer vor Gurt

[Falk] Heute Morgen müssen wir natürlich wieder alles über die Leitplanke zurück auf die Straße schleppen. Dabei bemerke ich, dass wir schon wieder einen Platten am Hängerrad haben. Vielleicht Nummer sechs oder sieben? Hat jemand von euch mitgezählt? Egal. Ich habe keine Lust zum flicken und baue den neuen, „kasachischen“ Made-in-China-Schlauch ein. Nach 20 km auf der Autobahn verabschiedet sich dieser bereits wieder. Wir sind in einen zerfetzten LKW Reifen gefahren und haben die halbe Karkasse im Hängerrad. Komisch, vorne und hinten sehe ich nicht einen eingefahrenen Metallsplitter. Jetzt muss ich dann doch noch flicken.
Wir organisieren in einem kleinen Ort etwas Wasser und eine Handykarte. Diese funktioniert zwar nicht, aber um die Polizei zu rufen ist sie allemal noch zu gebrauchen. Man weiß ja nie... Ausserhalb von Xingijang soll sie dann auch international funktionieren. Bei dem Kauf der SIM-Karte werde ich von einem Polizisten in Zivil nach unseren Pässen gefragt. Das ist mittlerweile das fünfte Mal in fünf Tagen, dass alle unsere Daten aus den Pässen abgeschrieben werden. Wir dürfen aber weiter und fahren nach 40 km in Jinghe ein. Hier werden wir erst einmal von einer Lampen-Allee im Halbmondlook empfangen. Wir sind ja schließlich in der islamischen Uiguren Region. Nach ein wenig Rumkurverei finden wir ein kleines Restaurant, in dem wir draußen sitzen können. Dies ist uns momentan lieber als im Haus zu sitzen, da die Chinesen noch unbarmherziger sind, was das Platznehmen auf unserem Fahrrad betrifft. Es kommen natürlich sofort viele Kinder und Erwachsene auf uns zu und wollen wissen, was wir hier treiben. Einer von Ihnen kann sehr gut Englisch. Ich frage ihn nach einer Bank und einem Fahrradshop. Beides gibt es zu unserer Überraschung. Wir essen noch schnell und stellen nun zum x-ten mal in diesem Land fest, dass es jedes mal eine Messe ist, hier zu essen. Das ist nicht zu vergleichen mit dem „Fraß“ in Kasachstan. Wir haben das Gefühl, dass hier alles wesentlich hygienischer zubereitet wird. Zumindest haben wir uns noch nicht den Magen verdorben und mein Stuhl ist nicht mehr so fest, seit wir die Ukraine verlassen haben. Nach dem Essen kann ich endlich Geld holen und wir bekommen sogar einen Mantel für das Hängerrad. Ein guter Tag, an dem wir mal schnell 92 km gefahren sind. Wann? Keine Ahnung.
Felgenstatus: Ein Riss am Vorderrad ist größer geworden.

Donnerstag, 13. August 2009

Donnerstag, der 13.08.2009, 40 Kilometer vor Jinghe

[Falk] Schlechte Nachrichten für uns. Aus Xingjiang kann momentan nicht international telefoniert werden. Auch das Internet ist angeblich in Xingjiang bis Oktober auf Grund der momentan angespannten Situation in Ueruemchi gesperrt. Diese bescheidenen Nachrichten haben wir von zwei Radlern, die uns entgegengekommen sind. Mark kommt aus England und ist seit zwei Jahren in China. Er möchte jetzt nach England zurück radeln. Der andere ist ein Chinese, der auf den Spuren von Marco Polo ist. Wir unterhalten uns ein wenig über die Situation in Ueruemqi. Sie bestätigen aber, dass alles ziemlich ruhig ist. Diese Ruhe wird, so sagen sie, mit einer hohen Polizei- und Militärpräsenz erreicht. Sei es drum. Wir haben gleich mehrere Probleme. Erstens kennen wir unser Hotel, in das unser Paket gesendet wird, nicht. Wir können auch niemanden kontaktieren, damit er uns das Hotel nennen kann und wir können unseren Blog nicht updaten. Alles Scheiße.
Ok, der Tag wurde trotzdem noch toll. Nach 20 km auf der Hochebene erreichen wir die wohlverdiente Abfahrt. 60 km bergab - wie geil ist dass denn. Nach 110 km machen wir dann halt und versuchen, eine Lücke im perfekten Gebilde aus Leitplanke und Zaun zu finden. Wir haben keine Chance. An einer Abfahrt von der Autobahn, die rechts herum über die Straße geht, zelten wir quasi in diesem bewachsenen Rondel. Dazu müssen wir all unsere Sachen über die Leitplanke heben und zum Schluss auch noch das Bike drüber wuchten. Es geht aber alles gut und wir finden einen einigermaßen geschützten Platz zum schlafen.
Felgenstatus: unverändert zum Vortag.

Mittwoch, 12. August 2009

Mittwoch, der 12.08.2009, Sayram Hu See (Pausentag)



[Falk] Die Leute hier sind auf einmal ziemlich aufgeregt. Nicht, weil wieder ein reicher Chinese angefahren kommt, sondern weil auf einmal die Polizei auftaucht. Wir werden von einen Polizisten befragt, was wir hier machen. Er nimmt unsere Daten auf. Alles scheint in Ordnung. Die Polizisten gehen von Jurte zur Jurte, aber was sie da machen, entzieht sich unserer Kenntniss.
Wir essen Mittag, nur das es jetzt wieder teurer ist, als der ausgemachte Preis von gestern. Der Verhandlungsbonus zieht nur einmal. Wir beobachten die Leute und das Treiben auf der Hochebene. Gegen Abend hält ein weißer Kombi an der Jurte. Wieder rennen alle hin und wollen ihre Jurte verkaufen. Dann wird heftig diskutiert. Wahrscheinlich über den Preis. Man wird sich einig. Die drei Jungs aus den Auto sehen sehr Islam-gläubig aus. Wir wundern uns noch, dass man auch mit einer Schale ein Messer schärfen kann. Dann geht alles ganz schnell. Einer holt eine lebende Ziege aus dem Kofferraum, die an den Füßen zusammengebunden ist. Ich sage zu Katja, das wahrscheinlich ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Die Ziege meckert, meckert und zittert nur noch. Katja wird in die Jurte gerufen. Ich stehe völlig baff da. Die drei nehmen das Tier fachmännisch auseinander. Zuerst wird das Vieh ausgeblutet, dann wird das Fell abgezogen und zum Schluss werden die Innereien herausgenommen. Die drei wollen diese entsorgen, aber da schreitet die Jurtenmama ein und schnappt sich das ganze Zeug, was die nicht haben wollen. Jetzt wird der Ofen angemacht und die Ziege zerteilt und schön gekocht. Wahnsinn.
Felgenstatus: Einige Risse sind größer geworden, das ist wahrscheinlich der schlechten Straße geschuldet. Es wird langsam Zeit, dass wir die Felgen wechseln. Ich habe kein gutes Gefühl mehr.

Dienstag, 11. August 2009

Dienstag, der 11.08.2009, zehn Kilometer hinter Songshuthi am Sayran Hu See

[Falk] Der Zeltplatz war nicht der beste. Zum Glück zog der Staub zum größten Teil an uns vorbei. Der Wind stand gut für uns. Wir starten heute bei 1100 Meter Höhe. Gestern Abend sind wir tatsächlich noch 500 Höhenmeter hoch gefahren. Jetzt geht es dann auch gleich richtig zur Sache. In einer wunderschönen Schlucht bauen die Chinesen eine Autobahn. Wir befinden uns inmitten einer Baustelle. Riesige Baumaschinen, Lkw mit Geröll und Abraum überholen und kommen uns entgegen. Die Straße kann man als solche nicht bezeichnen. Wir haben richtig Probleme, manche Rampen zu fahren. Gegen 15 Uhr auf einer Höhe von 1650 Metern erreichen wir ein kommerzielles Jurtendorf. Wir bekommen gutes Essen; Nudeln mit Gemüse. Hier sind sehr nette und interessierte Menschen, denen wir irgendwie erklären woher wir kommen und was zur Hölle wir eigentlich tun. Sie fragen uns, ob wir hier schlafen möchten. Wir verneinen, denn wir wollen noch zu einem See, der uns empfohlen wurde. Nach dem Mittagessen wurde es noch einmal steiler und die schlechte Straße noch einmal schlechter. Katja ist völlig fertig und ich kann es auch gut verstehen. Wir machen alle zwei km eine Pause und versuchen, unsere Knie zu entspannen. Wir müssen sogar bei ganz schlechter Straße ein paar Meter schieben.





Nach fünf Stunden Auffahrt erreichen wir nach 35 km auf 2200 Metern den höchsten Punkt unser bisherigen Tour.
Noch eine kleine Abfahrt zum Sayram Hu See hinunter und wir haben einen unvergesslich herrlichen Ausblick. Von weitem sehen wir schon eine Jurtenstadt, die wir auch bald erreichen.
Wir werden von einem Jurtenhansel angesprochen und gehen mit zu ihm. Die Bewohner staunen. Auch hier geht der Kommerz nicht an den einfachen Leuten vorbei. Sie vermieten ihre Jurten zum Schlafen oder zum Essen. Das ist eine echte, touristische Attraktion hier.
Es kommen Touristen aus ganz China vorbei. Wir treffen Han-Chinesen aus Peking, die für uns den Preis für das Abendessen bei der Jurtenmama von 30 Yuan auf 20 runter handeln. Es schmeckt wirklich sehr gut! Wir werden gefragt, ob wir in einer Jurte für 100 Yuan übernachten wollen. Wir lehnen ab, da wir lieber in unserem eigenen Zelt schlafen wollen. Als wir unser Zelt neben der Jurte aufgebaut haben, ist das für Chinesen auf einmal interessanter als die Jurten. Hier wird im übrigen auch eine Turk-Sprache gesprochen. Die paar Vokabeln, die wir auf Kasachisch gelernt haben, stoßen anfangs auf Verwunderung, später brechen wir damit das Eis bei der Jurtenmama. Die war nämlich nach der Preisverhandlung erst einmal ein wenig angefressen. Wir erleben nach diesem Tag noch einen herrlichen Sonnenuntergang und merken, wie langsam ein Unwetter aufzieht. Wir ziehen alle Zeltschnüren noch einmal fest und gehen müde aber gut gesättigt schlafen.


Montag, 10. August 2009

Montag, der 10.08.2009, China!! 40 Kilometer hinter Korgas

[Falk] Die ersten zehn Kilometer gehen schön bergauf, bis auf knapp 1000 Meter. Wir haben uns gestern noch einmal richtig mit Flaschenwasser gewaschen. Vier Tage sind wir jetzt seit Almaty unterwegs und das wollen wir keinem chinesischen Grenzer antun. Wir erreichen also den ersten Grenzposten in Kasachstan. Der Grenzer bedient nur eine Schranke. Er schaut unsere Pässe an und lässt uns passieren. Wir fahren durch einen fünf Kilometer breiten Streifen zum nächsten Kontrollpunkt. Auf diesem Weg fahren wir durch eine zum Teil verlassene Grenzstadt. Hier sieht es wieder so aus, wie wir uns die tiefsten Sowjetzeiten vorstellen. Die Gebäude aus sozialistischer Architekturfeder, mit grauen und schmutzigen Fassaden.
Der zweite Kontrollpunkt. Wir zeigen wieder unsere Erstpässe. Hier werden wir das erste Mal gefragt, ob wir Chinavisa besitzen. „Kitai Visa jest!“. Wir dürfen weiter. Wir kommen an ein Haus, an dem wir nicht wissen, was wir tun sollen. Ich gehe hinein und frage, was jetzt auf uns zukommt. Der Grenzer meint, wir müssen mit unserem Fahrrad durch die Fußgängerzone. Ukrainische Verhältnisse, wer sich noch erinnern kann... Eine enge Passage, die für uns nicht ohne Probleme passierbar ist. Der Hausmeister wird geholt und nach kurzer Diskussion sieht er ein, dass er am kürzeren administrativen Hebel sitzt und macht die Flügeltür auf. Wir rollen ein.
Dritte Kontrolle, Abteilung Ausfuhr. Irgendwas zum verzollen, Dollar oder so? „Nein“. Weiter geht’s zur vierten Kontrolle, Ausreisestempel. Unsere Pässe werden geprüft, geprüft und geprüft. Ich frage: „You are looking for the Chinavisa?“. „Yes, I can't find it.“ „We have second passports“. Herzklopfen! „Ok, give me“. Ich gebe ihr unsere Zweitpässe. Jetzt geht alles ganz schnell. Ausreisestempel Nummer eins in Katjas Pass, Ausreisestempel Nummer zwei in Falks Pass. Zu unserer Überraschung keine weiteren Fragen. Wir dürfen nun weiter gehen. Kontrollpunkt Nummer 5, Ausgang. Nein, Ihr dürft hier mit dem Fahrrad nicht raus. Warum? Weil Fahrräder nicht über das Niemandsland fahren dürfen. Ihr müsst in einen Buss steigen und die 200 Meter mitfahren. So wird's uns erklärt.
Wir wollten immer freundlich bleiben. Ich erwische mich nun aber beim ersten Busfahrer, der schnelles Geld von uns riecht und dem das Rücklicht von unserem Hänger abgebrochen ist, beim: „So eine Scheiße, nimm deine Finger weg!“ Beim zweiten Busfahrer, der eine etwas größere Öffnung am Bus hat: „Das geht nicht in so einen Scheiß Bus rein.“ Ok, ruhig bleiben. Ich spreche mit einem der Grenzer, ob es nicht doch möglich ist, mit dem Fahrrad zu fahren. Er telefoniert und gestikuliert etwas unfreundlich. Dann deutet er an, dass wir fahren sollen. Wir fahren also zum vermeidlich letzten kasachischen Grenzer.
Nein, hier gehe es nicht weiter, denn Vorschrift ist nun mal eben Vorschrift. Wir müssen wieder zurück. Wieder wilde Diskussionen, dann wieder das Zeichen zum fahren. Diesmal müssen wir aber unmittelbar hinter einem Bus fahren und dürfen nicht zu weit von ihm weg. Der Grenzer lässt uns endlich passieren. Niemansland. Noch eine kasachische Schranke und noch größere Bauklötze von einen weiteren Grenzer. Der hat aber schnell verstanden und macht die Schranke auf. Und, da ist sie auch „schon“, die chinesische Grenze. Wir halten an einem Medizincheckpoint an. Ein chinesischer Arzt und zwei Grenzer mit Mundschutz begrüßen uns etwas verhalten. „Please, wait hear!“ Wir holen unsere Zweitpässe raus. Nach zehn Minuten kommt eine Mann in Zivilkleidung zu uns. „Hello, how are you?“ Wir erzählen ihm unsere Geschichte. Er ist sehr nett und spricht fließend englisch. Wir müssen nicht zu diesem Medi-Check und werden gleich zum Chef der Medizin weiter geleitet. Fieber messen und die Frage nach Beschwerden. Nein, wir haben nichts und mit 35,2 und 35,8 °C ist auch alles normal. Jeweils zwei verschiedene Formulare in englischer Sprache müssen wir noch ausfüllen, dann dürfen wir in die Kontroll-Halle. Wir werden an allen vorbei geführt und gehen direkt an den Schalter. Wir haben schon wieder das Gefühl, dass uns alle hassen. Die Halle, in der wir sind, ist freundlich und hell. Es sieht ein wenig aus wie am Leipziger Flughafen. Alles ist sehr geordnet und freundlich. Wir bekommen ohne Probleme unseren Einreisestempel. Jetzt dürfen wir wieder zu unserem Fahrrad zurück und durch die ganze Halle zur Gepäckkontrolle. Wir brauchen uns schon wieder nicht anzustellen. Wir bauen alles ab und schieben unsere Sachen durch den Scanner. Alles ok? Willkommen in China. Wir sind in CHINA!!!


So, und jetzt? Ein mal Film wechseln, bitte. Hier ist alles anders. Dreirädrige Autos fallen uns als erstes ins Auge. Alles ist bunt, fast grell und kitschig. Korgas ist nur ein Fleck auf der Landkarte und doch erscheint dieser Grenzort riesig. Wir werden von vielleicht 50 Leuten gleichzeitig gefragt, ob wir Geld wechseln möchten. Ich habe unseren englisch sprechenden Grenzer nach den Kurs gefragt, um nicht abgezockt zu werden. 1000 Tenge sind ungefähr 44 Yuan. Wir haben erst mal keinen Bock zu tauschen, wenn 50 andere um uns herum stehen. Also fahren wir los und lassen die Jungs da ziemlich im Wald stehen. Einer kommt uns mit seinem Motorrad hinterher. Clever, wir halten nach zwei Kilometern an und machen mit ihm den Tausch unserer letzten Tenge gegen Yuan. Dann kommt unser Kommunikationsoffizier von der Grenze an uns vorbei und fragt ob er helfen kann. Ja, denn wir suchen was zu Essen. Wir laden ihn ein und quatschen ein bisschen. Er beruhigt uns und meint, Ueruemqi sei ruhig und wir brauchen keine Angst zu haben. Dann fahren wir endlich weiter. Natürlich auf die Autobahn - und die hat es in sich. Alles ist hier perfekt. Die mintgrünen Leitplanken haben kein Ende und sind absolut durchgängig. An den Seiten befinden sich Zäune. Diese sind komplett geschlossen, es gibt keine Lücken. Man kommt auf diese Autobahn nur über Zufahrten. Das Problem dabei, wir kommen auch nicht runter wenn wir wollen. Der Fahrbahnbelag ist genauso perfekt und sogar mit Brückenübergängen die man nicht merkt. Der Wahnsinn! Wir fahren 30 km und entscheiden uns, an einer Ausfahrt runter zu fahren. Das war wohl ein Fehler. Hier gibt es quasi keine Straße mehr. Nur einen Felgen fressenden Feldweg. Ich hoffe, dass uns jetzt nicht die Felgen platzen. Wir fahren in ein Dorf, in dem wir eigentlich schlafen wollen. Wir halten an und fragen jemanden. Er zeigt auf ein Haus. Dann spricht uns ein Mann auf englisch an, ob er uns helfen kann. Er verhandelt mit der Besitzerin des Motels. Sie meint, dass wir zuerst zur Polizei müssen und uns registrieren sollen. Ok, kein Problem, auf geht’s. Kennen wir ja von Russland schon. Der Mann kommt mit mir um zu übersetzen, Katja bleibt beim Bike. Auf der Polizeistation werden unsere Pässe sehr genau kontrolliert. Woher wir kommen und was wir hier machen. Ich erkläre ihnen alles. Dann meint der Polizist, dass wir hier in dieser Stadt nicht schlafen können und zurück nach Kogros fahren sollen. Ich verlasse deprimiert die Polizeistation. Leider ohne Mark, der mich begleitete, den haben sie einbehalten. Dann laufe ich zurück zu Katja, um ihr die Nachricht zu erklären. Nach etwa zehn Minuten kommt dann Mark noch einmal vorbei. Ich frage ihn was passiert ist. Er winkt ab und sagt nichts mehr. Ich frage ihn ob die Polizei was dagegen hätte, wenn wir einfach weiter fahren. Es war mittlerweile 20 Uhr. Er meint dann, dass es sehr gefährlich sei, da die Straße irgendwann aufhöre und es dunkel wird. Die Polizei hat aber explizit nicht ausgeschlossen, dass wir weiterfahren dürfen. Ich bedanke mich bei ihm für seine Mühen und wir fahren weiter. Wieder auf diese Autobahn. Jetzt scheißt es uns richtig an. Es kommt 30 km keine Ausfahrt. Katja ist völlig fertig und möchte auf den 30 Zentimetern zwischen Leitplanke und Zaun pennen. Ich erwische mich auch bei diesem Gedanken. Unser erster Tag in China hat es in sich! Es wird dunkel und der blöde Busfahrer hat unser Rücklicht an der Grenze abgebrochen. Das Frontlicht geht und das Rücklicht kriege ich irgendwie wieder dran. Dann raucht es vor uns wie bei einem großem Feuer. Wir kommen näher und näher. Die Straße hört auf. Es staubt so sehr, dass man denken kann es brennt. Der Fuß unseres nächsten Passes ist erreicht. Wir reden schnell miteinander und machen aus, dass wir noch zehn Minuten fahren, nachdem wir das letzte Haus mit Licht gesehen haben und uns dann einen Platz zum schlafen suchen. Mitten im Dunkeln fahren wir im dichten Verkehr auf einer nicht befestigten Fahrbahn. Das ist auf jeden Fall ziemlich bescheuert. Ich versuche, irgendwas am Rand zu erkennen. Keine Chance. Wir halten an und ich sehe meine eigene Hand vor Dunkelheit und Staub nicht mehr. Am Rand erkenne ich eine kleine Ausbuchtung, in der wir das Bike abstellen und unser Zelt aufbauen. Unsere erste Nacht in China. Felgenstatus: Hier ist es zu staubig, um nachzuschauen.

Sonntag, 9. August 2009

Sonntag, der 09.08.2009, zehn Kilometer vor der chinesischen Grenze

[Falk] Der Zeltplatz in dieser Nacht war nicht gerade schön. Die Lkw sind quasi durch unser Zelt gefahren. Aber es war sonst nichts los und das Feld wurde auch nicht geflutet. Dann starten wir weiter Richtung chinesische Grenze. Nur noch 88 km, dann haben wir es geschafft. Trotz dem wir schon einige Grenzen bis hierher passiert haben, ist die chinesische wahrscheinlich die schwerste Herausforderung unserer bisherigen Reise. Allein die Visa zu organisieren war schon eine riesengroße Aktion. Wir haben also Zweitpässe und in diesen sind unsere Visa für China. Falls wir damit nicht durchkommen, war das eine sehr teure Idee von mir. Vielleicht machen wir uns aber auch nur unnötig heiß und die ganze Grenzabwicklung geht schnell und problemlos. Wer weiß... Falls alles klargeht, ist das ein weiteres Beispiel einer erfolgreichen Chinareise.
Also eins haben wir auf alle Fälle bis hierher geschafft: Wir sind mit unserem Liegetandem bis an die chinesische Grenze gefahren. Ist doch was? Oder? Wir sind aufgeregt! Wir sprechen mal wieder die Sprache nicht und ab morgen können wir wahrscheinlich nicht mal mehr die Verkehrsschilder lesen. Dafür erwartet uns ein Land, in dem es bis vor ein paar Jahren gar nicht möglich war, sich alleine zu bewegen. Angeblich sollen die Straßen in China mit denen in Deutschland vergleichbar sein. Wir sind gespannt. Morgen um acht Uhr beginnt das letzte Kapitel unserer Reise. China, wir kommen!

Samstag, 8. August 2009

Samstag, der 08.08.2009, 15 Kilometer hinter Tashqarasu

[Falk] Ich bin schon echt aufgeregt, bald geht es nach China. Wir wurden die letzten Tage immer wieder gefragt, ob wir ein China-Visum in den Pässen haben. Wir antworten dann immer artig mit ja - dann kommt ein ungläubiges Staunen. Daraufhin erklärt man uns, dass die Gegend der Uiguren momentan sehr gefährlich sei.
Wir starten heute also von unserem unbezahlbar schönen Zeltplatz in Richtung chinesische Grenze. Nach etwa 15 km bergauf erreichen wir den höchsten Punkt des Tages, auf etwa 1230 Meter. Dann geht es erst einmal bis hin zum Sharyn Canyon 30 km bergab. Wieder einmal ein atemberaubender Anblick. „Und das alles aus eigener Kraft!“, höre ich mich staunen. Wir fahren in den Canyon hinein und nach zehn km wieder heraus. Hier betrug der Höhenunterschied etwa 120 Meter. Wir erreichen die Uiguren-Stadt Shonzhy und werden von Asim Jan, den Inhaber eines Cafés herzlichst empfangen und bewirtet. Er kommt aus der Gegend und spricht ein wenig englisch. Wir fragen ihn, wie die nächsten Kilometer sind und unterhalten uns über die Unruhen. Er meint, dass es momentan gefährlich sein kann, durch Ürümqi zu fahren. Nicht das die uns was tun würden, nur sollten wir nicht zwischen die Fronten geraten. Wir können uns noch keine Meinung bilden. Das, was wir wissen, ist die Berichterstattung vom DW-Radio und die ist eher pro uigurisch. An objektive Informationen zu kommen ist hier reichlich schwer. Mal schauen, wie es an der Grenze wird.
Nach dem Café fahren wir in den nächsten Ort und kaufen für den Abend und das Frühstück ein. Wir versuchen, nach diesem Ort einen Platz zum Schlafen zu finden. Das ist aber gar nicht so einfach. Hier wird das Wasser aus den Bergen in einer Vielzahl von Kanälen auf die Felder geleitet. An dieser Straße gehen leider links und rechts Kanäle vorbei. Es ist uns nicht möglich, hier zu zelten. Nach weiteren 20 km haben wir direkt an der Straße einen denkbar schlechten Platz gefunden. Wir hoffen, dass die hier nicht auf die Idee kommen das Feld, auf dem wir schlafen, in der Nacht zu fluten.
Felgenstatus: unverändert.

Freitag, 7. August 2009

Freitag, der 07.08.2009, fünf Kilometer hinter Kökpek

[Katja] Ich habe heute sehr schlecht geschlafen. Ich wache mit Kopfschmerzen auf und habe keine Lust zum Fahren. Zu allem Übel kommt heute noch ein Pass von vielleicht 1300 Metern auf uns zu und wir haben starken Gegenwind. Als ich Falk von meinen Wehwehchen erzähle, hat er quasi kein Verständnis. Die ersten Meter fallen uns beiden schwer. Die 115 km vom Vortag haben uns doch etwas geschafft. Der Gegenwind wird immer schlimmer und wir kommen mal wieder nur mit 11 bis maximal 13 km/h voran. Wie deprimierend, wenn man bedenkt, dass wenn der Wind gut steht, wir hier mit einer 30 fahren könnten. Nach 16 km hält ein Wagen vor uns und ein europäisch aussehender Mann steigt aus dem Auto. Es ist Patrick aus den USA mit seiner Frau. Wir unterhalten uns ein wenig und verabreden uns bei ihm zu Hause, um eine Pause zu machen. Nach 25 km erreichen wir sein Dorf. Er meint, dass wir nur nach den Amerikanern fragen müssen und alle uns den Weg zeigen werden. So war es dann auch. Patrick und seine Familie waren sehr schnell gefunden. Er ist Entwicklungshelfer für Landwirtschaft und wie es scheint, ist er hier auch sehr beliebt. Er ist mit seiner Frau schon seit acht Jahren in diesem Land und spricht das beste Kasachisch, das ich je von einer Weißnase gehört habe. Von ihm können sich einige Russen, die in Almaty leben, eine Scheibe abschneiden. Nach einer Melonenpause verabschieden wir uns wieder und nehmen den beschriebenen Pass in Angriff.
Auf der Hälfte machen wir Pause in einem Café und gönnen uns Nudeln mit einer Gemüsesuppe und Tee. Dann geht es Meter für Meter weiter bergauf durch eine wunderschönen Schlucht. Nach der Pause geht es recht gut voran. Falk meint, dass er hier beerdigt werden möchte, weil es so schön ist. Ich sage zu ihm, dass er das auch schon in den Alpen und auf Korsika gesagt hat und er doch bitte nicht ans Sterben denken soll. Wir treffen noch einen Engländer, natürlich auf dem Fahrrad, der nach Almaty möchte. Dann erreichen wir Kökpek. Nach 60 Tageskilometern sind wir endlich oben auf 1140 Meter. Da es schon 19:30 Uhr ist und wir ziemlich fertig sind, entscheiden wir uns Wasser zu kaufen und unser Zelt in dieser, wieder einmal atemberaubenden Kulisse zu platzieren.
Felgenstatus: Am Hinterrad ist ein Riss ein Millimeter größer geworden. Vorne ist heute alles unverändert geblieben.

Donnerstag, 6. August 2009

Donnerstag, der 06.08.2009, zehn Kilometer hinter Qaraturyq

[Falk] Heute starten wir endlich mal wieder alleine in den Tag. Die Zeit in Almaty war sehr schön und anstrengend zugleich. Wir müssen uns jetzt erstmal ein wenig auf dem Fahrrad von den Strapazen der Stadt erholen. Die ersten 15 km rollen wir schön den Berg durch die Stadt runter. Wir machen die erste Pause und trinken eine Fanta. Schön „faul“ wie wir sind, haben wir fast noch nicht in die Pedale treten müssen. Wir fahren an einer sehr befahrenen sechsspurigen Autobahn. Es ist zwar nicht sehr angenehm, aber zumindest sind die Straßen gut. Heute ist es nicht so warm wie an den letzten Fahrtagen vor Almaty und so entscheiden wir uns, einfach mal wieder über Mittag zu fahren. Es ist zwar immer noch nicht viel frischer, aber es geht schon. In einem kleinen Café nach 66 km machen wir eine Stunde Pause. Wir fühlen uns nach fünf Tagen Pause sehr gut und fahren weiter und weiter. Nach 90 km werden wir an einem Laden gefragt, ob wir einen Platz zum Schlafen suchen. Wir verneinen und fahren weiter; nach 25 km stoppen wir und hauen uns in ein kleines Wäldchen auf ein Stück freie Fläche. Es kommt noch ein Hirte, der uns entdeckt hat, vorbei und fragt uns etwas ungläubig, was wir denn hier machen. Ich erzähle ihm kurz unsere Geschichte, dann verschwindet er wieder. Wir müssen uns nun schnell ins Zelt verabschieden. Es sind wieder viele Mücken unterwegs.
Felgenstatus: Vorne ist ein Riss ein Millimeter größer geworden. Hinten ist alles unverändert. Ich habe die Risse markiert, um die nächsten Tage berechnen zu können wie weit wir noch kommen.

Mittwoch, 5. August 2009

02.08.2009 – 05.08.2009, Pausentage in Almaty


[Falk] Almaty ist sehr grün, bergig und liegt quasi direkt am Fuße von fast 5000 Meter hohen Bergen. Gigantisch. In der Stadt orientiert man sich am besten an den Bergen, die sich im Süden in den Himmel strecken und an der flachen Steppe, die sich im Norden dahin zieht. Trotz dieser 1,3 Millionen Einwohner und der Größe der Stadt, haben wir uns nie verlaufen. In den fünf Tagen hier in dieser Stadt haben wir wahrscheinlich nur einen Bruchteil gesehen. Das, was Almaty bietet, konnten wir fast nicht erleben. Dies ist dadurch geschuldet, dass wir natürlich wieder einige Besorgungen machen mussten und deswegen sehr viel Zeit verloren haben. Zum anderen ist diese Stadt sehr chaotisch was den Verkehr anbelangt und wenn man voran kommen möchte, steckt man meist in irgendeinem Stau fest. Aber hier Leben? Nein danke! Diese Stadt steht im krassen Gegensatz zum Leben auf dem Land. Hier ist alles teurer, die Straßen sind super und es gibt fast alles, was das europäische Herz höher schlagen lässt. Die Betonung liegt auf fast. Wir konnten z.B. keine Schwalbe Mäntel, keine gescheiten Felgen und keine Speichen in Rohlofflänge finden. Dafür ist unser GPS repariert, unsere Kamera ist wieder sauber, einen gescheiten Spiegel für unser Bike und eine neue Zeltunterlage haben wir auch auftreiben können.
Am Mittwoch habe ich unser Bike für die Weiterfahrt zurecht gemacht. Ich habe die Kette gekürzt und alles gereinigt. Dabei machte ich eine sehr beunruhigende Entdeckung. An unserer Vorderradfelge haben sich fünf Haarrisse gebildet und am Hinterrad drei. Wobei einer der Risse am Hinterrad schon sehr groß ist. In Deutschland würde ich keinen Meter mehr damit fahren. Doch leider bekommen wir hier keine gescheiten Teile für unser Fahrrad und für das Zusenden nach Almaty fehlt uns mittlerweile einfach die Zeit. Wir fahren jetzt weiter nach China und hoffen das bis dahin alles hält. Wenn nicht, müssen wir auf einem LKW weiter.

Mittwoch, der 05.08.2009, Almaty

Falk bat mich, einige aktuelle Dinge einzustellen, da es heute mit dem Internetcafé nicht mehr klappte. Es geht beiden wieder richtig gut. Alle Krankheiten sind, auch Dank kasachischer Medizin, auskuriert. Beide achten ab sofort mehr auf alles, was sie wie und wo essen. Sie wollen weitestgehend nur noch selber kochen und auch nur ihr eigenes Geschirr benutzen. Falk schrieb mir eine Mail. Daraus folgende Auszüge:

"Hallo Sergio,
ich hätte unser Fahrrad nicht putzen sollen. :( Jetzt hat es uns doch erwischt. Beim Putzen habe ich festgestellt, dass beide Felgen Risse an den Ösen haben. Vorne haben wir fünf, ca. einen Zentimeter lange Risse an den Ösen und hinten haben wir drei Risse zwischen 1-2 cm Länge, ebenfalls an den Ösen.
Wir werden jetzt erst einmal damit weiterfahren und hoffen, dass die Felgen bis Ueruemchi halten (etwa 900 km). Ich denke aber, dass wir die Felgen bald wechseln müssen. Leider weiß ich nicht, wie die Lage in Ueruemchi ist und ob wir da eventuell Felgen kaufen können?
Ich werde heute noch in Erfahrung bringen, wie man nach China versenden kann. Leider haben wir in Kasachstan keine Zeit mehr. Unsere Visa laufen ab.
Ich benötige wahrscheinlich Felgen und die dazugehörigen Speichen!
Ich melde mich bei dir, sobald ich mehr weiß. Es sieht aber so aus, als ob wir nach China ein Paket fertig machen müssen.
Sorry für den Stress.
Liebe Grüße,
Falk"

Falk hat herausbekommen, dass bis auf eine Strecke von 40 km alles beste Straße ist. Für die 40 km Schotterpiste, bereits in China nach der Grenze, müssen sie sich etwas einfallen lassen. Beide denken, dass die Räder noch so lange halten.

Also, ab Morgen früh wieder on Tour.

Montag, 3. August 2009

Fazit Kasachstan

Wir sind zwar noch nicht ganz durch Kasachstan durch, ich denke aber, dass wir uns schon hier in Almaty an das Fazit trauen dürfen. Bei 2500 km in der Steppe, habe ich manche Abende nachdenken können, was man in das Fazit über dieses Land schreiben kann. Klar, da hat man ja auch Zeit. Über die Landschaft haben wir oft geschrieben. Atemberaubend schön und ohne ausreichend Wasser tödlich.
Man kann gar nicht so recht erklären, was dieses Land mit uns angestellt hat. Haben wir die Ukraine als arm empfunden, müssen wir hier unsere Ansichten von Armut noch ein mal neu überdenken. Oder vielleicht auch nicht? Ich weiß es immer noch nicht. Ich glaube immer mehr, dass man sich selbst als arm empfinden muss, um arm zu sein. Denn wenn ich nicht weiß, dass ich es bin, bin ich dann nicht doch eher reich? Nur wer oder was beeinflusst uns so sehr, um uns schlechter zu fühlen, als es uns anderen auch nicht geht. Wir wurden in Kasachstan oft über unsere Finanzsituation befragt. Viele Kasachen, vor allem auf dem Land, können sich nicht vorstellen, dass man ein Jahr „Urlaub“ machen kann und soviel Geld besitzt, um so lange zu reisen wie wir es tun. Einer meinte zu Alexsej: „Du musst einen verdammt reichen Vater haben, oder du hast eine Bank ausgeraubt“. Wie soll man den Leuten, die uns betrügen wollten oder uns betrogen haben erklären, dass wir für unser Geld auch arbeiten müssen. Dass, wenn man sich unkontrolliert auf unser Fahrrad setzt und irgend etwas kaputt geht, uns das richtig Geld und Nerven kostet, dies wieder instand zu setzen. Bei vielen Leuten in diesem Land fehlt der Blick über den „Tellerrand“, aber fehlt dieser Blick nicht auch bei vielen unserer Landsmänner und -frauen in Deutschland? Nur sehen wir dies nicht, weil wir nicht täglich damit konfrontiert werden? Oder weil wir die Sprache beherrschen und die Gepflogenheiten kennen und dies einfach ignorieren können? Komisches Gefühl. Aber ich schweife ab.
Kasachstan. Gefroren haben wir nur nachts.

Samstag, 1. August 2009

Samstag, der 01.08.2009, Almaty

Jippieee, wir sind in Almaty. Nach 60 km haben wir uns in unserer Wohnung, die Olaf und Michael die letzten Tage organisiert haben, niedergelassen. Wir haben alle genug Platz und unsere Fahrräder stehen auch sicher. Wie bei uns zu Hause mit im Zimmer. Uns hat man immer gesagt, dass Almaty wahnsinnig teuer ist. Wir leben jetzt hier zu fünft für 30 Euro pro Tag. Da haben wir in manch' einer Teestube schon mehr bezahlt. Sechs Tage Urlaub vom Urlaub, wie herrlich. Wir gehen gleich noch duschen - und vor allem Internet suchen.

Von Cross-Eurasia
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