Wir sind zwar noch nicht ganz durch Kasachstan durch, ich denke aber, dass wir uns schon hier in Almaty an das Fazit trauen dürfen. Bei 2500 km in der Steppe, habe ich manche Abende nachdenken können, was man in das Fazit über dieses Land schreiben kann. Klar, da hat man ja auch Zeit. Über die Landschaft haben wir oft geschrieben. Atemberaubend schön und ohne ausreichend Wasser tödlich.
Man kann gar nicht so recht erklären, was dieses Land mit uns angestellt hat. Haben wir die Ukraine als arm empfunden, müssen wir hier unsere Ansichten von Armut noch ein mal neu überdenken. Oder vielleicht auch nicht? Ich weiß es immer noch nicht. Ich glaube immer mehr, dass man sich selbst als arm empfinden muss, um arm zu sein. Denn wenn ich nicht weiß, dass ich es bin, bin ich dann nicht doch eher reich? Nur wer oder was beeinflusst uns so sehr, um uns schlechter zu fühlen, als es uns anderen auch nicht geht. Wir wurden in Kasachstan oft über unsere Finanzsituation befragt. Viele Kasachen, vor allem auf dem Land, können sich nicht vorstellen, dass man ein Jahr „Urlaub“ machen kann und soviel Geld besitzt, um so lange zu reisen wie wir es tun. Einer meinte zu Alexsej: „Du musst einen verdammt reichen Vater haben, oder du hast eine Bank ausgeraubt“. Wie soll man den Leuten, die uns betrügen wollten oder uns betrogen haben erklären, dass wir für unser Geld auch arbeiten müssen. Dass, wenn man sich unkontrolliert auf unser Fahrrad setzt und irgend etwas kaputt geht, uns das richtig Geld und Nerven kostet, dies wieder instand zu setzen. Bei vielen Leuten in diesem Land fehlt der Blick über den „Tellerrand“, aber fehlt dieser Blick nicht auch bei vielen unserer Landsmänner und -frauen in Deutschland? Nur sehen wir dies nicht, weil wir nicht täglich damit konfrontiert werden? Oder weil wir die Sprache beherrschen und die Gepflogenheiten kennen und dies einfach ignorieren können? Komisches Gefühl. Aber ich schweife ab.
Kasachstan. Gefroren haben wir nur nachts.
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